Rezension “Im Jahr des Drachen”

Im Jahr des Drachen (alea/Ravensburger)

Die übliche “alea”-Box beinhaltet folgendes Material:

– Spielplan
– 60 Spielkarten
– 66 Palastteile
– 36 Münzen
– 24 Reis- und 12 Raketenplättchen
– 90 Personenplättchen
– 12 Ereignisse
– 8 Privilege
– 7 Aktionskarten
– 5 Drachen
– 2 x 5 Spielsteine
– Spielanleitung

Die obige Liste des Spielmaterials verdeutlich ja schon, dass man in der Spielebox nicht nur Luft vorfindet, doch leider gefällt mir das Material trotz des großen Umfangs nicht wirklich. Die Aufmachung der Schachtel geht ja noch und ist sicherlich auch zweitrangig, aber das Spielmaterial selbst macht so viel vom Spielreiz aus. Ich kann deshalb nicht wirklich verstehen, dass das ganze Spielmaterial ziemlich langweilig ausgefallen ist. Der Spielplan ist fast schon eine Beleidigung für meine Augen… zweckmäßig JA, ein optischer Leckerbissen NEIN !!! … die enthaltenen Spielkarten sind noch ganz in Ordnung; der Berg an Stanzkarton-Plättchen bewegt sich zwischen hässlich und ansehnlich. Insgesamt ist die Optik des Spiels also eher bescheiden, was aber ganz besonders schade ist, denn… jetzt kommt’s: das Spiel ist nämlich ziemlich gut… und gerade deshalb nervt mich die Optik noch mehr ;))) … so, genug gelästert.. jetzt kommen wir doch mal zu dem eigentlichen Spiel:

Bei “Im Jahr des Drachen” übernimmt man die Rolle eines chinesischen Provinzfürsten.. und diese Rolle ist kein Zuckerschlecken, denn während des Spiels muss man so manche Widrigkeit über sich ergehen lassen bzw. meistern, um am Ende als Sieger des Spiels dazustehen. Am Ende jeder Runde (das Spiel geht über 12 Runden – also 12 Monate – Jahr des Drachen…) tritt ein Monatsereignis ein, welche weit über ein Ereignis wie “oh… das Toilettenpapier ist alle” hinausgeht. Während der Spielrunden versuchen die Spieler nun, sich speziell auf diese Ereignisse vorzubeiten. Sie holen sich zur Unterstützung verschiedene Personen an den eigenen Hof. In Zwischenwertungen am Ende jeder Runde und in der Schlusswertung (zum Schluss… ach was !?! *gg*) ergattern die Spieler die begehrten Siegpunkte, die man am Ende des Spiels für den Sieg benötigt… wie läuft das aber nun ab:

Der Spielplan zeigt zwei Zählleisten. Eine davon ist für die Siegpunkte verantwortlich; die andere Leiste ist die Personenpunkteleiste, welche später für die Zugreihenfolge einer Runde ausschlaggebend ist. In der Mitte des Spielplans befinden sich die sieben Aktionskarten. Im oberen Bereich des Plans werden die Personenplättchen platziert, im unteren Bereich finden die 12 Monatsereignisse ihren Platz. Die Monatsereignisse sind somit von Anfang an sichtbar; man kann also während des Spiels bereits weit voraus planen, um sich bereits früh auf die anstehenden Ereignisse einzustellen. Nun erhält jeder Spieler eine Markierungsscheibe für die Personenpunkteleiste, einen Markierungsstein für die Siegpunkteleiste, einen Drachen (mit Standfuß), 11 Personenkarten, eine Spielübersicht (Spielkarten mit Kurzübersicht), 4 Palastteile (2 Paläste mit je zwei Stockwerken) sowie 6 Yuan (die Währung im Spiel). Das weitere Material (Spielgeld, Reissäcke, Privilegien, Raketen und Palastteile) werden neben dem Spielplan bereitgelegt.

Jede Spielrunde verläuft in 4 Phasen… die da wären:

Phase 1: Aktion

Hier kann jeder Spieler eine Aktion ausführen (gratis oder für 3 Yuan) oder er kann seinen Geldvorrat auf 3 Yuan auffüllen. Die sieben Aktionskarten werden zufällig in Gruppen ausgelegt (so viele Gruppen wie Spieler teilnehmen). Wer auf der Personenpunkteleiste am weitesten vorne ist, darf als erstes die Aktion aussuchen. Wer eine Aktion aus einer Aktionsgruppe aussucht, die bereits ausgewählt wurde, muss 3 Yuan für die Aktion bezahlen. Hier macht es sich also schon bezahlt, wenn man auf der Personenpunkteleiste weit vorne liegt. Es gibt Akionen wie Steuer, Bau, Ernte, Feuerwerk, u.m.

Phase 2: Person

Nun spielt jeder Spieler eine seiner Personenkarten aus und holt sich so weitere Unterstützung an den Hof. Falls die Paläste schon voll sind, kann man ein vorhandenes Plättchen gegen das neu erspielte Plättchen austauschen. Die bisherige Person wird somit aus den Diensten des Fürsten entlassen. Der Zahlenwert, der auf dem neuen Plättchen angegeben ist, gibt vor, wieviele Felder man auf der Personenpunkteleiste vorrücken darf (was ja wieder für die spätere Zugreihenfolge wichtig ist).

Phase 3: Ereignis

Nun ist es also soweit; die ganze Arbeit soll ja auch einen Sinn haben :)) … am Ende jedes Monats tritt ein Ereignis ein. Hier ein kurzer Überblick, was da so auf einen zukommen kann:

Dürre: man benötigt Reissäcke im Vorrat

Drachenfest: mit Raketenplättchen kann man hier Siegpunkte erhalten

Mongolensturm: hier muss man mit Helmen aufrüsten

Krankheit: falls man keinen Heiler auf dem Hof hat, muss man drei Personen abgeben

Verfall: unbewohnte Paläste werden um ein Stockwerk verkleinert

Zum Glück sind die ersten beiden Ereignisse vorgegeben (Ruhe), damit man in den ersten beiden Runden schon einmal ein wenig ausbauen kann, bevor es zur Sache geht ;))

Phase 4: Wertung

In dieser Phase bekommen die Spieler Siegpunkte für Paläste, Hofdamen und für Privilegien, die sie sich erspielt haben.

Anschließend beginnt der nächste Monat, äh… also die nächste Runde. Nach der letzten Runde gibt es dann noch die Schlusswertung, bei der man pro vorhandener Person noch 2 Siegpunkte bekommt. Außerdem tauscht man das vorhandene Geld noch gegen Siegpunkte (3 Yuan = ein Siegpunkt). Weitere Siegpunkte bekommt man nach der Formel “Buddhas * Stockwerke”. Anschließend gewinnt der Spieler, der die meisten Siegpunkte erreichen konnte.

So… das war mal das Gröbste zum Spielablauf. An sich ist das Regelwerk nicht schwierig, doch trotzdem braucht man schon so 1 – 2 Runden, um richtig ins Spiel reinzukommen. Man muss erst einmal die verschiedenen Phasen verinnerlicht haben, bis der Ablauf richtig rund wirkt. Zum Glück gibt es ja die kleine Übersichtskarte, die die wichtigsten Punkte der Regeln in zusammengefasster Form umfasst. So ist auch der eigentliche Spielablauf kurz skizziert, damit man die 4 aufeinanderfolgenden Phasen auch schnell verinnerlichen kann. Die Anordnung der verschiedenen Spielelemente auf dem hässlichen Spielplan (ja.. ich musste es nochmal sagen) hilft auch nicht gerade dabei, schneller ins Spiel zu kommen… anfangs wirkt der Ablauf schon etwas verwirrend, was sich in den späteren Runden dann sicher legen wird, denn bei uns hat sich gezeigt, dass in “Im Jahr des Drachen” viel mehr Potenzial steckt, als man vielleicht anfangs vermuten würde. Nach ein paar Runden vergisst man sogar das unhübsche Material und ist voll und ganz mit dem meistern der Mangelsituationen beschäftigt. “Im Jahr des Drachen” ist ein typisches Mangelspiel, bei dem man versucht, möglichst gut durchzukommen. Spieler, die gerne Spiele genießen, bei denen es um den Aufbau einer florierenden Wirtschaft geht, wird das vielleicht an diesem Spiel nicht so gefallen. Hier ist man eher ständig dabei, das beste aus der vorhandenen Situation zu machen. Ab und zu MUSS man auch ein negatives Ereignis einfach so über sich ergehen lassen, weil man einfach keine  Chance hatte, sich darauf richtig vorzubereiten, doch auch das gehört hier mit dazu.

Die bereits von Anfang an ausliegenden Ereignisse erlauben es den Spielern bereits weit im voraus zu planen. Dies kann zwar bei manchen Spielern lange Denkzeiten verhindern, da man sich ja auch schon während der Züge der Gegner mit seinem Vorankommen beschäftigen kann, aber für manchen Grübler ist dies sicherlich eine willkommene Einladung in seinem Zug NOCH LÄNGER zu überlegen, was denn nun das wirklich Beste in der vorliegenden Situation wäre. Hoffentlich haben Sie nicht einen solchen Extrem-Grübler am Spieletisch sitzen, wenn Sie “Im Jahr des Drachen” genießen, denn der Spielspaß saust so dramatisch in der Keller :))

“Wer in kleinen Dingen kein Ziel hat, dem misslingt auch der große Plan.”, so das Zitat von Konfuzius von der Verpackung… das trifft es wohl genau. Man hat während des Spiels ständig das Gefühl in Bedrängnis zu sein und doch kommt es einfach nur darauf an, diese Situationen im Vergleich zu den Mitspielern am Besten zu meistern… wer sich hierauf einlässt, der findet mit “Im Jahr des Drachen” ein sehr gutes Spiel, welches aber eher für Vielspieler geeignet ist und als Familienspiel doch zu schwer ist.

Fazit: hässliche Schale, süßer Kern… oder wie war das nochmal? ;)))

(c)2007 Dirk Trefzger

Material

Regeln

Idee

Spielreiz

Wir danken Ravensburger für die Zusendung eines Rezensionsexemplares!

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