Rezension “Livingstone”

Livingstone (Schmidt Spiele)

Beim Studieren der Regeln von Livingstone hat man schon einige Deja-Vu’s… das ist definitiv so; viele Elemente kommen einem von anderen Spielen her bekannt vor, aber gut “kopiert” ist oft besser als “schlecht neu erfunden”.. ok, kopiert ist vielleicht auch nicht ganz richtig, denn es sind immer nur einzelne Elemente, die bekannt vorkommen und die in Kombination schon sowas wie ein neues Spiel gestalten. Nun, schauen wir uns die Mikrowellenkost also mal genauer an: Das Cover zeigt den Entdecker und Missionar David Livingstone, der einen faustgroßen Rubin in der Hand hat… schaut man dann in die Verpackung findet man eigentlich ganz nettes Material, u.a. auch eben diese schönen Edelsteine, wenn auch nicht faustgroß 😉 … sonst wäre wohl ein Umzugskarton als Spielebox notwendig gewesen 😉 … aber trotzdem sind die Kunststoff-Edelsteine ganz nett ausgefallen. Auch die Schatzkisten zum Zusammenstecken sind witzig, die 55 Zelte in den 5 Spielerfarben sind aus Holz; für jede Farbe gibt es noch einen Markierungsstein, mit dem die Spieler ihren Siegpunktestand anzeigen können. Dann gibt es 10 Standard-Würfel, ein Dampfboot aus Holz, 27 Aktionskarten sowie 75 Spiel-Taler in verschiedenen Stückelungen. Klar, dass auch eine Spielanleitung und dann auch noch Übersichtskarten beiliegen. Die Übersichtskarten gibt es in verschiedenen Sprachen (in wirklich unzähligen Sprachen… ob das wirklich notwendig ist, weiß ich nicht *ggg*)… allerdings gibt es nicht für jeden Spieler eine solche Übersichtskarte, was aber noch zu verschmerzen ist. Nicht schön ist allerdings, dass der Spielplan ein Tick zu klein ausgefallen ist… er wirkt insgesamt zu klein und vor allem passen die Markierungssteine nicht richtig auf die Felder der Wertungsleiste… des nervt, vor allem wenn die Spieler mit den Punkten nah beieinander liegen.

Die Anleitung ist auch mehrsprachig und eine Sprache umfasst gerade mal 4 DinA4-Seiten, was trotz des Regelwerks einen recht schnellen Einstieg ermöglicht. Auf den schnellen Einstieg folgt allerdings eine Einspielphase, die man durchlaufen muss, um dem Spielspaß auf die Spur zu kommen… gibt man hier zu schnell auf, wird das Spiel als uninteressant, ggfs. sogar nervig, abgetan… hält man allerdings durch, kann “Livingstone” als nicht zu kompliziertes Familienspiel halbwegs empfohlen werden… soviel vorab… nun zum Ablauf:

Das Spielfeld zeigt den Fluss “Sambesi”, auf welchem das Dampfboot entlangfährt. Die Position des Bootes gibt den Spielfortschritt an und zeigt an, in welcher Spalte aktuell Zelte gebaut werden dürfen… das Feld ist dann in 10 Spalten und in 6 Zeilen unterteilt… dort werden dann die Forscher-Zelte gebaut. Der Sack mit den Edelsteinen wird bereitgelegt; jeder Spieler erhält eine Schatzkiste, sowie 3 Taler als Startkapital… die Markierungssteine werden an den Anfang der Wertungsleiste gelegt… jeder erhält “seine” Zelte… die Aktionskarten werden gemischt bereitgelegt und los geht’s.

Der Startspieler würfelt mit allen Würfeln (Spieleranzahl x 2 Würfel… bei 5 Spielern also alle 10 Würfel) und sortiert diese nach der Augenzahl. Nun nimmt sich jeder Spieler reihum einen der Würfel und führt direkt eine der Aktionsmöglichkeiten aus. Sobald jeder an der Reihe war, kann der erste Spieler einen weiteren Würfel nehmen, wenn die Augenzahl höher ist, als die Augenzahl des zuerst genommenen… usw… sobald kein Spieler mehr einen Würfel nehmen darf oder kein Würfel mehr übrig ist, endet die Runde und der nächste Spieler wird Startspieler und würfelt erneut mit allen Würfeln. Zuvor gibt es dann noch eine Wertung… dazu aber gleich noch mehr.

Die ausführbaren Aktionsmöglichkeiten sind folgende:

(A) Aktionskarte vom Stapel ziehen
(B) Taler nehmen (der Würfel gibt die Summe der Taler an, die der Spieler nehmen darf)
(C) Edelsteine nehmen (auch hier gibt der Würfel die Summe der Edelsteine an)
(D) Zelt errichten (gegen Bezahlung der Kosten, darf der Spieler in das vom Würfel angegebene Feld ein Zelt bauen)

Außer diesen Möglichkeiten darf der Spieler in seinem Zug auch Aktionskarten ausspielen, vorhandene Edelsteine verkaufen (gegen Taler natürlich) oder auch eine Spende in seine Schatzkiste werfen.

Nach einer Runde gibt es ja eine Wertung. Jeder Spieler erhält dann Punkte für die Zelte auf der aktuellen Spalte (also die Spalte, auf der aktuell das Dampfboot steht)… 1 bis 6 Siegpunkte.. anschließend wird das Boot ein Feld weitergezogen.

Von den Edelsteinen gibt es verschiedene Farben, die unterschiedlich viel wert sind… es gibt natürlich auch Nieten, in Form von schwarzen Steinen (Geröll). Von den Talern gibt es verschiedene Stückelungen, die man immer mit der Bank wechseln kann.

Nachdem das Dampfboot über das letzte Feld hinausfährt, endet das Spiel. Nun kommt noch die Endwertung, bei der nicht die Spalte, sondern die Zeile gewertet wird… wer die Mehrheit an Zelten auf einer Zeile besitzt, erhält die rechts am Spielplanrand angegebenen Wertungspunkte (2 – 12 Punkte). Wer zum Schluss noch Edelsteine übrig hat, erhält für jeden Edelstein (egal welche Farbe) noch einen zusätzlichen Siegpunkt. Auch manche Aktionskarten geben zusätzliche Siegpunkte.

Die Aktionskarten, die man während des Zuges ergattern kann, geben den Spielern außergewöhnliche Möglichkeiten, die über die normalen Aktionen hinaus gehen… so darf man Zelte an Stellen bauen, die normalerweise nicht mehr erreichbar wären, oder man darf zusätzliche Edelsteine aus dem Sack ziehen oder man darf Edelsteine gegen Taler UND Siegpunkte am Markt verkaufen usw….

Nach der Schlusswertung gewinnt natürlich der Spieler mit den meisten Punkten… ODER?.. STOPP!… nicht ganz… denn nun wird noch geschaut, welcher Spieler am wenigsten an die Königin gespendet hat (also in die Schatzkiste geschmissen hat).. und dieser Spieler scheidet dann KOMPLETT aus dem Spiel aus, auch wenn er zu diesem Zeitpunkt vielleicht die meisten Siegpunkte sammeln konnte… heftig, aber irgendwie doch interessant. Speziell diese Regel wurde in unseren Spielrunden immer wieder ausgiebig diskutiert.. von “völlig daneben” bis “total interessant” gab es alle Aussagen zu dieser Regel… ich selbst finde dieses Element ziemlich interessant… man ist dazu gezwungen, immer wieder ein wenig “Kohle” als Spende abzuzwacken und muss nebenbei die anderen Spieler beobachten, was so gespendet wird. Natürlich ist es schon heftig, dass man ganz zum Schluss plötzlich als der große Verlierer dastehen kann, obwohl man vielleicht weit geführt hat… aber wie gesagt: ich finde, das macht das Spiel irgendwie noch interessant. Wem das zu heftig ist, kann natürlich dieses Element auch einfach weglassen. Vor allem beim Spielen mit Kids kann man so das große Geheule am Schluss des Spieles verhindern *grins*

Die Sache mit den Würfeln ist eigentlich nicht schlecht, wenn sie auch besser mit mehreren Spielern funktioniert… bei 2 oder 3 Spielern kommt das irgendwie nicht so richtig zur Geltung; bei 4 oder 5 Spielern kann es richtig spaßig werden. Was aber definitiv ein Problem ist: wenn “Grübel”spieler mit in der Runde sind. Eigentlich verläuft das Spiel recht flott im Kreis herum und man muss nicht so lange warten. Sobald aber Spieler mit dabei sind, die gerne sämtliche Möglichkeiten bis zum Schluss durchrechnen, zieht sich das Spiel unendlich in die Länge und kann bei 5 Spielern schon mal 1,5 Stunden dauern (bei angegebenen 30-45 Minuten)… das kann das Spiel kaputtmachen… definitiv.

Fazit: in der richtigen Zusammensetzung der Spielrunde ganz brauchbares Familienspiel.

(c)2009 Dirk Trefzger

Material

Regeln

Idee

Spielreiz

Wir danken Schmidt Spiele für die Zusendung eines Rezensionsexemplares!

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