Rezension “Nevada City”

Nevada City (Rio Grande Games)

Nevada City von Rio Grande Games gehörte letztes Jahr zu den Spielen, auf die ich am meisten hingefiebert habe. Es handelt sich bei hierbei um ein Workerplacement-Spiel im Western-Style. Gemeinsam (aber nein, das Spiel ist nicht kooperativ, sondern kompetitiv) bauen wir eine Westernstadt auf, mit den typischen Gebäuden, die man halt so erwartet: Sheriffs Office, Bank, General Store, Saloon und vieles mehr.

In der quadratischen Box findet man umfangreiches Material: einen länglichen Spielplan, 22 Gebäudekarten, 72 Grundstücksplättchen, ein Beutel, 4 Spielertableaus, 4 Aktionsmarker, 4 Punktemarker, 48 Eigentumsmarker, 24 Charakterkarten, 40 Verträge, 26 Arbeiterkarten, 4 Ranch-Tore, Ressourcen, Waren, und und und. Die Spielanleitung umfasst 16 Seiten. Von der Schwierigkeit her würde ich das Spiel als gehobenes Kennerspiel bezeichnen, doch der Einstieg in die Regeln zeigte sich anfangs etwas sperrig. Hat man die Abläufe dann mal erfasst, läuft es recht fluffig. Der große längliche Spielplan nimmt bei uns fast den kompletten Tisch ein. Beim Spiel zu zweit wird es schon eng; mit mehr Spielern muss man auf jeden Fall einen großen Tisch haben… das Ganze ist ziemlich platzintensiv. Der Spielplan zeigt die Straße der Westernstadt, die als Punkteleiste dient. Auf beiden Seiten der Straße sind Bauplätze für Gebäude vorhanden. Von Beginn an gibt es schon ein paar Gebäude, nach und nach kommen weitere hinzu.

Jeder Spieler hat ein eigenes Tableau, für die Rinderzucht, für Felder und für Silberminen. Außerdem stellt jeder Spiele eine Familie dar. Jede Familie besteht aus 4 Karten mit den Familienmitgliedern. Diese liegen neben dem Spielertableau aus. Auf diesen Karten stehen Aktionsmarker bereit, die der Spieler dann in der Aktionsphase nutzen kann. Außerdem liegen an dem langen Spielplan auch diverse Karten an: zusätzliche Arbeiterkarten (die man im Hotel aquirieren kann), Gebäudekarten, Aufträge, Ereignisse. Das Ganze wirkt auf dem Tisch schon ziemlich umfangreich und schreckt anfangs etwas ab. Die Partie wird über 4 Jahre (bzw. 5 Jahre bei 2 Spielern) gespielt (1855 – 1858). Grob läuft das so: ein Ereignis (falls ausliegend) wird aufgedeckt. Die Effekte werden abgewickelt, ggfs. nimmt die Karte Einfluss auf das komplette restliche Jahr. Beginnend beim Sheriff spielen die Spieler dann immer die Aktionsmarker einer der Familiencharaktere. Diese Marker kann man für unterschiedliche Aktionen nutzen. Man schickt einen Marker auf die Ranch, um Rinder zu züchten, man schickt einen Marker in die Silbermine, man reserviert sich einen Auftrag, oder man erfüllt direkt einen Auftrag (aus der Reserve oder aus der Auslage). Ein Hauptteil der Aktionen führt man aber in den Gebäuden der Stadt aus. Man beschafft sich Handelswaren, nimmt Kredite auf, aquiriert neue Arbeiter, verkauft hergestellte Ressourcen… und mehr.

Während der ersten Partie kam das Western-Thema bereits schon ganz gut rüber… und das, obwohl wir erst einmal das Grundspiel ausprobiert haben… ohne Schießereien und andere Elemente, die für das Fortgeschrittenenspiel gedacht sind. Workerplacement ist ja eh mein Ding, so gefiel mir “Nevada City” wirklich schon von Anfang an ziemlich gut. Einfach ist das Regelwerk nicht; es gibt viele Kleinigkeiten, die man beachten muss. Ein paar der Regelpassagen musste ich mir auch nochmal durchlesen, da es immer wieder kleinere Unklarheiten gab. Hier hab ich aber nicht das Gefühl, dass es an der englischen Sprache liegt, sondern daran, dass es im Regeltext wirklich ein paar kleinere Lücken gibt. Mit etwas Recherche-Arbeit konnte ich das dann aber klären.

Die Spieldauer ist angegeben mit 90 – 120 Minuten. Das ist schon eher untertrieben. Unsere Partien dauerten länger. Zu dritt ist es dann auch noch ok, aber zu viert möchte ich das Spiel dann tatsächlich nicht spielen, da die Spieldauer dann einfach zu lang ist, für das was das Spiel bietet. Betrachtet man die Bestandteile des Spiels, die einzelnen Mechanismen, dann macht das Spiel nicht wirklich was neu. Es sind die verschiedenen kleinen Kniffe, die das Ganze für mich interessant machen; vor allem die Tatsache, dass man wirklich das Gefühl hat, gemeinsam eine Westernstadt zu errichten. Immer wieder muss man verschiedenen Widrigkeiten (die durch die Ereigniskarten ins Spiel kommen) trotzen und immer das Beste aus der Situation machen. Gebäude, die man selbst errichtet hat, kann man kostenlos nutzen, Gebäude anderer Spieler kann man nutzen, wenn man die Gebühr an diesen Spieler (oder an die Bank – bei neutralen Gebäuden) bezahlt.

Auch vom Material her gefällt mir “Nevada City” recht gut. Jeder Spieler hat – zusätzlich zum Tableau – noch ein Ranch-Eingangstor, welches den anderen Spielern zeigt, welche Farbe er spielt; das ist nicht zwingend notwendig, aber cool anzuschauen. Der große Spielplan, der den ganzen Tisch einnimmt, macht auch was her. Das ganze Kartenmaterial ist ganz ok… von der Optik her teilweise nur zweckmäßig, aber insgesamt stimmig. Aber der zweiten Partie haben wir dann die Revolverheld-Fähigkeit mit dazu genommen, was für das Fortgeschrittenen-Spiel empfohlen ist, das bringt noch etwas Pepp ins Spiel.

Fazit: zu zweit oder zu dritt sehr empfehlenswert, speziell wenn man auf Workerplacement und Western-Thema steht, zu viert würde ich eher die Finger davon lassen.

(c)2021 Dirk Trefzger

Material

Regeln

Idee

Spielreiz

Wir danken Rio Grande Games für die Zusendung eines Rezensionsexemplares!

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