Rezension “Die Quacksalber von Quedlinburg”

Die Quacksalber von Quedlinburg (Schmidt Spiele)

Zugegeben, der Titel des Spiels mag erst einmal komisch vorkommen, doch über die Qualität des Spiels sagt das bestimmt nicht viel aus. Schauen wir uns das Spiel also mal genauer an. In der quadratischen Box findet man folgendes Material: 4 Spielertableaus (Kessel), diverse Zutatenbücher, 219 Zutaten-Chips, diverse Marker aus Holz, 20 Rubine, einen Beutel, 24 Wahrsagekarten, einen Bonuswürfel und noch ein paar Sachen. Die Spielanleitung umfasst 8 Seiten; dazu kommen aber noch 4 Seiten „Almanach der Zutaten“. Dort werden die Zutatenbücher genauer erklärt. Insgesamt landen wir also bei 12 Seiten. Der Umfang des Regelwerks deutet also eher auf ein gehobenes Familienspiel hin als auf ein Kennerspiel. Deshalb gab es auch im Zuge der Nominierung des Spiels zum Kennerspiel des Jahres 2018 einige Diskussionen. Ich persönlich finde es für ein Kennerspiel auch zu einfach und vor allem zu glücksabhängig… zumindest ist es am unteren Ende der Skala, wenn man Spiele in Schwierigkeitsgrade einordnen möchte.

Ich selbst bin – ehrlich gesagt – erst mit der Nominierung zum Kennerspiel des Jahres 2018 auf die „Quacksalber“ aufmerksam geworden. Vielleicht liegt es eben am Titel, dass ich das Spiel so gar nicht auf dem Sender hatte. “Quacksalber” ist ein sogenanntes Bag-Building-Spiel, gewürzt mit einer kräftigen Prise Push-Your-Luck. Auf dem Basar von Quedlinburg bieten verschiedene Quacksalber ihre Wundertränke an. Doch diese müssen erst einmal gebraucht werden. Jeder Spieler hat ein eigenes Tableau und einen eigenen Beutel. Die Startzutaten kommen in den Beutel (diverse Knallerbsen, ein Fliegenpilz und eine Kreuzspinne), auf dem Feld 0 des Tableaus liegt ein Tropfenmarker… los geht’s. Gleichzeitig ziehen die Spieler aus ihrem Beutel immer wieder ein Zutatenplättchen, welches sie dann auf das Kesseltableau legen. Die Zutatenchips haben dabei unterschiedliche Wertigkeiten. Der Wert gibt vor, ob man den Chips direkt auf das nächste Feld legen muss oder ob man Felder überspringen darf. Die Spieler ziehen so lange Chips und legen diese aufs Tableau, bis sie sich dazu entschließen, aufzuhören. Liegen Knallerbsen mit einem Wert von mehr als 7 im Kessel, explodiert dieser und man darf nicht mehr weiterziehen. 

Sobald alle Spieler die Runde beendet haben, freiwillig oder gezwungenermaßen, folgt die Wertung. Auf dem zentralen Spielplan ist angegeben, welche Schritte durchgeführt werden müssen. Es werden Boni verteilt, Siegpunkte, Rubine und die Spieler erhalten hier auch Geld, mit dem sie dann anschließend neue Zutatenchips in ihren Beutel kaufen können. Damit kommen also nach und nach stärkere und interessantere Chips in den Kessel. Ach ja, ist der Kessel des Spielers explodiert, erhält er nicht die komplette Belohnung, sondern muss sich zwischen Siegpunkten und Geld entscheiden. Wohl dem, der zum richtigen Zeitpunkt mit dem Brauvorgang aufgehört hat. Manche Zutaten bringen einen Soforteffekt, wenn sie ausgespielt werden. So erlaubt beispielsweise ein Chip mit einem Vogelschädel weitere Chips aus dem Beutel zu ziehen und sich dann auszusuchen, ob man von diesen Chips einen spielen möchte oder ob nicht. Manche Chips bringen in der Wertung einen Bonus. Die Funktionen der einzelnen Zutaten werden auf den Zutatenbüchern erklärt. Es gibt verschiedene Sets, die man für das Spiel nutzen kann, so dass immer für etwas Abwechslung gesorgt ist.

Es gibt außerdem einen Stapel Wahrsagekarten. Immer bei Rundenbeginn wird eine solche Karte gezogen und vorgelesen. Die Karte bietet entweder einen Soforteffekt oder einen Effekt, der die ganze Runde über gilt. Auch das bringt etwas Abwechslung ins Spiel. Die kleine Trankfalsche auf dem Tableau kann man einsetzen, um das letzte Knallerbsenplättchen wieder zurück in den Beutel zu werfen. So kann man das Risiko einer Kesselexplosion reduzieren. Diesen Trank kann man gegen Bezahlung von Rubinen bei Rundenende wieder auffüllen. Alternativ kann man bei Rundenende auch Rubine nutzen, um den Tropfenmarker um ein Feld weiterzubewegen. Damit beginnt die Füllung des Kessels in der nächsten Runde weiter vorne und man kommt eben mit seinen Plättchen näher zu den höheren Werten. Es werden neun Runden gespielt und wer nach diesen neun Runden die meisten Punkte sammeln konnte, der gewinnt die Partie und ist der beste Quacksalber.

Wir haben Partien in unterschiedlicher Zusammensetzung gespielt, auch mit Wenigspielern, zu zweit, in Vollbesetzung und es kam wirklich immer gut an. Wie ich schon oft erwähnt habe, mag ich “Push-Your-Luck” ganz gerne… und hier in Kombination mit dem Bag-Building-Element macht das schon Spaß. Gut ist, dass man durch die Zusammenstellung der Zauberbücher immer wieder neue Kombinationen hat und auch die Wahrsagekarten immer wieder neue Situationen mitbringen, ist auf jeden Fall auch für längere Zeit für Abwechslung gesorgt.

Was ich nicht ganz verstanden habe: die Siegelplättchen mit den Werten 0/50 zeigen Spielerfarben (rot, grün, etc.) die nicht zur Spielerfarbe der verschiedenen Marker passt (silber, gelb, golden, etc.). Da hat man wohl bei der Produktion nicht aufgepasst und kurzfristig nochmals die Farben angepasst, aber das dann teilweise vergessen. Könnte sein, dass bei der aktuellen Auflage dieser Fehler korrigiert wurde. Ich hab mit als Punktemarker einfach kleine farbig gefüllte Fläschchen gebastelt. Das behebt das Problem auch und sieht außerdem auch noch ziemlich cool aus (siehe Bild).

Etwas gewöhnungsbedürftig ist das gleichzeitige Ziehen der Zutaten aus dem Beutel. Wie gesagt, die Zutaten haben teilweise Soforteffekte und grad bei den den ersten Partie möchte man doch sehen, was so passieren kann. Braut da jeder nur so alleine vor sich hin, geht doch ein wenig vom Spielspaß verloren. Ok, dafür hat man dann keine Downtime, das stimmt wohl. Wir haben das so gemacht, dass wir zwar jeder für uns gezogen haben, aber bei Sondereffekten diese Aktionen angesagt haben, damit der andere Spieler das auch mitbekommt… das war dann ok so.

Wie schon erwähnt, würde ich “Die Quacksalber von Quedlinburg” vom Schwierigkeitsgrad her als gehobenes Familienspiel bezeichnen. Statt für den grauen Pöppel hätte man das Spiel sicherlich auch für den roten Pöppel nominieren können. Vermutlich hat man es wegen der Variabilität dann doch in die Kategorie des Kennerspiels eingeordnet. Egal wie das andere sehen, mir gefällt „Die Quacksalber von Quedlinburg“ ausgesprochen gut. Ich mag den deutlichen Glücksanteil, was einfach ein fluffig leichtes Spielgefühl ermöglicht.

Die Spielanleitung bring das Regelwerk gut rüber. Es sind viele Abbildungen und Beispiele enthalten, so dass einem schnellen Einstieg nichts im Wege steht. Auch neuen Mitspielern hat man das Spiel schnell erklärt und das ist ja schließlich auch wichtig. Vom Material her gefällt mir das Spiel ganz gut, wenn auch die Sache mit den Spielerfarben etwas nervt, wobei ich eben – wie gesagt – erwarte, dass dieses Problem zwischenzeitlich behoben wurde. Die Stanzkartonteile sind durchweg von guter stabiler Qualität, die Rubine sind hübsch, die grafische Gestaltung insgesamt finde ich auch gelungen… also insgesamt ein sehr rundes Paket.

(c)2018 Dirk Trefzger

Ergänzung 2020: Erweiterung “Die Kräuterhexen”:

Das Grundspiel ist ja bereits toll. Es eignet sich immer noch gut, um auch Wenigspieler ans Thema Bag-Building heranzuführen. “Die Kräuterhexen” bringen noch etwas mehr Pepp ins Spiel. Zugegeben, Öffnet man die Box, ist man vielleicht erst etwas enttäuscht vom Umfang des enthaltenen Materials, doch spielerisch bringt die Erweiterung einiges mit, so dass sich die Anschaffung definitiv lohnt.

Was gibt es also?… zuerst gibt es das Material für einen 5. Spieler, das ist definitiv ganz praktisch… da kann man ja nichts falsch machen. Dann gibt es 12 Kräuterhexen, die ja auch der Namensgeber dieser Erweiterung sind. Die Kräuterhexen liegen aus und die Spieler haben 3 x im Spiel die Möglichkeit, die Hilfe einer dieser Hexen in Anspruch zu nehmen. Das alleine ist schon ganz nice. Dazu gibt es auch neue Zutatenbücher, die nochmals deutlich mehr Abwechslung ins Spiel bringen. Der Wiederspielreiz erhöht sich dadurch definitiv. Da das Material eben nicht so umfangreich ist, passt es noch zusätzlich in die Box des Hauptspiels mit rein. 🙂

(c)2020 Dirk Trefzger

Material

Regeln

Idee

Spielreiz

Wir danken Schmidt Spiele für die Zusendung eines Rezensionsexemplares!

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