Rezension “Neuland”

Neuland (Eggertspiele)

Wer die frühere Ausgabe von „Neuland“ (aus dem Jahre 2004) bereits kennt, der weiß: das Spiel ist kein Leichtgewicht. Von den Regeln her hat sich im Vergleich zur „alten“ Ausgabe kaum was geändert. Allerdings wurde die grafiksche Gestaltung komplett überarbeitet, was das Spiel schon etwas zugänglicher macht als es früher der Fall war. Trotzdem ist und bleibt es kein Spiel für Gelegenheitsspieler. Selbst in Vielspieler-Runden hatten wir immer wieder Schwierigkeiten, die Möglichkeiten im Blick zu behalten. Die Komplexität des Spiels kann schon überfordern.

Die Box entspricht vom Format her den Boxen, die man sonst so von den typischen Kosmos-Spielen her kennt, also quadratisch. Das Innenleben gestaltet sich wie folgt:

– 10 Spielplanfelder
– 32 Arbeiterfiguren in den 4 Spielerfarben
– 72 Wappen in den 4 Spielerfarben
– 4 Schubkarrenplättchen
– 21 Mineralmarker aus Holz (Kohle, Eisenerz, Silbererz)
– Stoffbeutel (wird für die Mineralmarker gebraucht)
– 4 Holzmarker, 4 Nahrungsmarker, 4 Metallmarker
– Zeitweg aus 6 Teilen (wird als Rand um das Spielfeld gelegt)
– 1 Gegenwartsstein
– 2 Gebäudeablagen (für Produktionsgebäude und Besitztümer)
– 4 Gebäudeübersichten
– 57 Gebäudeplättchen
– und natürlich die 16-seitige Spielanleitung

Am Umfang des Materials erkennt man schon, dass es sicherlich kein schnelles Spiel für zwischendurch sein wird; und das ist dann natürlich auch so 🙂

Im Detail möchte ich das Regelwerk hier nicht vollständig ausbreiten, doch einen möglichst knackigen Überblick möchte ich auf jeden Fall geben.

Jeder Spieler erhält eine Gebäudeübersicht, die Arbeiterfiguren und die Wappen in seiner Farbe, einen Holz- und einen Nahrungsmarker, einen Schubkarren, sowie die beiden Gebäude „Holzfällerhütte“ und „Jagdhaus“. Aus den Spielfeldern wird eine Spielfläche gebildet (ähnlich wie man es vom guten alten Siedler her kennt). Mit den 6 Teilen als Spielfeldumrandung wird der Zeitweg um das Spielfeld herum gebildet. Die ganzen Gebäudeplättchen werden auf den Gebäudeablagen bereitgelegt. Die Mineralmarker kommen in den Stoffbeutel, da die später zufällig, also blind, gezogen werden. Der Gegenwartsstein wird auf ein Feld des Zeitwegs gestellt. Jeder Spieler setzt eine Arbeiterfigur neben den Gegenwartsstein auf den Zeitweg… anschließend kann es losgehen.

Während seines Zuges kombiniert der aktive Spieler verschiedene Möglichkeiten, die er zur Auswahl hat. Dabei ist die Menge an Handlungen dadurch beschränkt, dass man meistens seine Arbeiterfigur auf dem Zeitweg als Gegenleistung für Aktionen bewegen muss. Die Figur darf dabei den Gegenwartsstein nicht erreichen oder überholen… das ist also die Begrenzung. Der Spieler kann jederzeit aufhören. Der Gegenwartsstein wird dann soweit vorwärts gezogen, bis er auf eine Arbeiterfigur irgendeines Spielers stößt. Anschließend ist dieser Spiel an der Reihe. 

Als Aktionsmöglichkeit kann der Spieler Produkte herstellen (mit denen dann wiederum andere Produkte hergestellt werden können), Produkte abgeben (zum Bau eines Gebäudes oder zur Produktion anderer Produkte), Gebäude bauen, Wappen platzieren (das eigentliche Ziel des Spiels) und entsprechende Bewegungen auf dem Zeitweg durchführen. Bei der Produktion fängt es einfach an: man hat ein Jagdhaus für die Herstellung von Nahrung und hat eine Holzfällerhütte, die durch den Einsatz der Nahrung (klar, der Holzfäller braucht natürlich was zwischen die Kiemen) Holz herstellt. Dieses Holz kann z.B. in der Schöpferei zur Papierherstellung verwendet werden. Nahrung kann auch für andere Arbeiter verwendet werden, zum Beispiel für Minenarbeiter, die dann Mineral-Einheiten zu Tage fördern, wie z.B. Silbererz, welches man dann in der Münzstätte zu Münzen verarbeiten kann, oder aber in der Werkzeugsschmiede in Werkzeug „verwandeln“ kann. Wie man hier schon sieht, wird es immer komplexer mit dem Produktionsablauf. Wer auf dem PC schon mal Aufbau-Strategiespiele (wie z.B. die Siedler-Serie) gespielt hat, der weiß was ich meine: aus Nahrung wird Holz, aus Holz wird Kohle (Holzkohle), mit Kohle und Silbererz wird reinstes Silber hergestellt, welches für die Münzproduktion benötigt wird. Das Silber kann dann für die Auslage von Wappen genutzt werden. Wappen werden auf die Besitztümer-Gebäude ausgelegt. Ziel ist es nämlich, alle seine Wappen auszulegen, denn dann gewinnt man „Neuland“.

Die produzierten Waren werden durch die Arbeiterfiguren dargestellt, die auf dem entsprechenden Gebäuden stehen. Die Waren haben dabei allerdings eine ziemlich geringe „Haltbarkeit“. Denn wenn der Spieler die produzierte Ware nicht baldmöglichst weiterverarbeitet bzw. verwenden kann, verschwinden die Produkte wieder von alleine. Im Spiel wird die Arbeiterfigur dazu erst hingelegt, im nächsten Zug dann ganz entfernt. Das heißt also: die Produktion muss immer in Bewegung bleiben, damit die hergestellten Sachen nicht verloren sind. Auch diese Tatsache macht das Spiel ziemlich anstrengend. Ständig muss man die verschiedenen Produktionswege im Auge behalten, ständig muss man die weiteren Schritte überdenken. Am sinnvollsten ist dabei allerdings, dass man nicht zu weit im Voraus plant, denn sonst strengt das Spiel wirklich wahnsinnig an. Grübler werden ihre Freude haben, deren Mitspieler allerdings nicht ;))

Die möglichen Produktionswege sind auf der einen Gebäudeablage vermerkt, so dass man dort gleich erkennen kann, was man für die Herstellung von welchen Produktion nun benötigt. Die Gebäudeplättchen sind sich allerdings recht ähnlich, so dass es im fortgeschrittenen Spielverlauf immer schwieriger fällt, den Überblick zu behalten. Nicht wirklich einfacher wird die Sache dadurch, dass auch die Länge der Transportwege berücksichtigt werden muss. Je weiter man z.B. Nahrung zu den Minenarbeitern heranschaffen muss, desto mehr Schritte kostet dies auf dem Zeitweg.

Eigentlich ist das Spiel ganz gut aufgebaut. Die Regeln sind durchdacht. Die einzelnen Produktionswege sind nachvollziehbar. Doch das große Manko von „Neuland“ ist wirklich, dass es durch die ganzen zu beachtenden Punkte sehr sehr sehr seeeeeeeeeeeeeeeehr unbersichtlich ist und anstrengend zu spielen ist. Keiner der Teilnehmer unserer Spielegruppen fand es richtig angenehm zu spielen. Alle fanden das Spiel eigentlich ganz gut, aber absolut anstrengend. Komplexität ist schön und gut, doch hier geht die Komplexität zu Lasten der Spielbarkeit. Ich habe lange überlegt, ob ich dem Spiel eher 3 geben soll, bei der Hauptwertung; kam dann allerdings zum Schluss, dass eine knappe 4 schon klar geht, wenn man es wirklich den Hardcore-Vielspielern empfiehlt 😉

Fazit also: für Super-Hardcore-Vielspieler-Multitasking-Meister-Spieler eine Empfehlung; für alle anderen: es gibt angenehmere Spiele 🙂

(c)2009 Dirk Trefzger

Material

Regeln

Idee

Spielreiz

Wir danken Eggertspiele für die Zusendung eines Rezensionsexemplares!

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