Rezension “Everdell”

Everdell (Starling Games)

Vor ein paar Wochen wurde die Collector‘s Edition von „Everdell“ ausgeliefert. Momentan läuft die Kickstarter-Kampagne zu der ersten Erweiterung zu diesem Spiel. Der Hype um dieses Spiel ist extrem hoch. Bei Boardgamegeek hat das Spiel bereits ne sehr gute Platzierung und tolle Bewertungen. Doch kann das Spiel diesem Hype gerecht werden?… oder anders gefragt: ist dieser Hype berechtigt? Das schauen wir uns heute mal an.

In der quadratischen Box findet man den Spielplan, einen Ever-Tree zum Zusammenstecken (3D Baum), 128 Critter- & Gebäudekarten, 11 Waldkarten, 16 Specia-Event-Karten, 24 Arbeiterfigure und noch diverse Tokens. Die Collector’s Edition beinhaltet Metallmünzen statt Kartonplättchen als Punktemarker. Die „occupied“-Marker sind kleine Holzscheiben mit Aufklebern statt Kartonplättchen. Außerdem gib es natürlich noch ein paar zusätzliche Karten. Die Spielanleitung umfasst 24 Seiten; das Regelwerk ist gut gemacht, schön bebildert und auch trotz englischer Sprache konnten wir bald in die erste Partie starten. Von verschiedenen Seiten habe ich gehört, dass manche Spieler Schwierigkeiten mit dem Regelwerk hatten, kann mir aber nicht erklären, wo das Problem genau liegt/lag… ich finde die Anleitung gut. Wenn wir gerade beim Spielmaterial sind: die grafische Gestaltung des Materials, vor allem das umfangreiche Kartenmaterial, finde ich sehr schön. Das niedliche Tier-Fantasy-Thema macht einfach Lust auf das Spiel. Der hübsche 3D-Baum macht natürlich auch was her, auch wenn er eigentlich nur ein Gimmick ist und keine wirkliche Funktion hat… bzw. die Auslage der weiteren Arbeiter oder die Auslage der Special-Event-Karten hätte man auch auf dem Spielplan unterbringen können, aber so macht das Ganze natürlich viel mehr her. Die Ressourcen (Beeren, Kiesel, Zweige und Harz) sind auch schön gemacht; ich meine, die „normale“ Version wird ebenso diese schönen Ressourcen beinhalten. Je nach Sitzposition hat man vielleicht etwas Mühe, den Text der Karten zu erkennen, aber mit der Zeit kennt man die Karten eh, das war bei uns kein wirkliches Problem.

“Everdell” ist ein typisches Workerplacement-Spiel, bei dem es darum geht, mit den anfangs wenigen (später kommen weitere dazu) Arbeiterfiguren eine eigene Stadt in Everdell aufzubauen. Diese Stadt wird aus Karten bestehen (Critters oder Constructions). Diese Karten haben unterschiedliche Funktionen und bringen teilweise auch weitere Felder mit sich, die man später mit Arbeitern besetzen kann. Der Spielplan dient zum einen als Auslage für die 8 Karten auf der Wiese, zeigt aber überall auch Aktionsfelder, die man mit seinen Arbeitern für Aktionen besetzen kann. Es gibt fest aufgedruckte Aktionsfelder, es gibt aber auch Aktionsfelder auf den bei Spielbeginn zufällig platzierten Waldkarten. Außerdem gibt es auch Veranstaltungen, die man durchführen kann. Erfüllt man die Bedingungen (es gibt Basic-Events und auch Special-Events), kann man die Karte bzw. das Plättchen für sich beanspruchen… das bringt Punkte und ggf. auch andere Effekte. Ist man an der Reihe, kann man entweder einen Arbeiter einsetzen oder man kann eine Karte ausspielen. Eine Karte spielt man entweder von der Hand oder auch direkt von der Auslage auf dem Spielplan. Dazu muss man normalerweise die Kosten in Form von Rohstoffen für die Karte bezahlen. Manche Karten (sobald man sie in der eigenen Stadt liegen hat), erlauben es aber, eine andere Karte gratis zu spielen. Berücksichtigt man das in seinen Handlungen, kommt man also schneller an seine Karten. Sobald man keine Arbeiterfiguren mehr im Vorrat hat, kann man als dritte Aktionsmöglichkeit auch die Vorbereitungen für die nächste Jahreszeit treffen. Dies bedeutet, dass man einen (im Herbst sogar zwei) neue(n) Arbeiter erhält. Dann erhält man alle eingesetzten Arbeiter zurück. Vor dem Frühling und vor dem Herbst kann man sogar noch die grünen Gebäude aktivieren. Vor dem Sommer erhält man dagegen zwei Karten von der Wiese. Was ich beim Lesen der Anleitung nicht direkt kapiert hatte ist, dass man eigenständig in die nächste Jahreszeit wechseln kann. Es stellt also keine abgeschlossene Spielrunde dar, sondern man spielt direkt weiter. Die Spieler können also während der Partie in unterschiedlichen Jahreszeiten spielen. Das gleicht sich während der Partie aber ziemlich aus. Man spielt ja schließlich die gleiche Anzahl an Arbeiterfiguren… nach und nach. Die Spieldauer ist übersichtlich. Für unsere erste Partie haben wir nur ca. eine Stunde gebraucht und trotzdem hatten wir das Gefühl, einiges gemacht zu haben. Das ist natürlich cool. Besonders schwierig ist das Spiel auch nicht, wobei man natürlich die Karten etwas kennen sollte, um dann in späteren Partien das Beste aus den Aktionen raus holen zu können.

Macht mir das Spiel Spaß?… ja, macht es mir, definitiv!… ist das Spiel innovativ, bringt es also irgendwas Neues mit?… hmm, eigentlich nicht, wenn man ehrlich ist. Betrachtet man die Mechanismen und Vorgänge im Spiel, dann kenn man alles schon von irgendwo her. Tolle Optik alleine macht eben noch keine Innovation. Trotzdem habe ich „Everdell“ in mein Herz geschlossen. Die eigene Stadt möglichst punkteträchtig zu errichten macht mir einfach sehr viel Spaß und ich bin immer wieder gerne dabei. Die Solovariante habe ich zwar ausprobiert, sie reizt mich aber nicht wirklich. Das Spiel funktioniert auch zu zweit schon recht gut. Spannender ist es zu dritt oder sogar zu viert. Einen gewissen Glücksfaktor im Spiel muss man mögen. Die Tatsache, dass man mit den passenden Gebäuden später Critter-Karten „gratis“ spielen darf, kann spaßig sein, kann aber auch frustrieren. In einer Partie hatte ich 5 Gebäude liegen und wartete auf das Nachziehen von einer passenden Karte und was soll ich sagen?… es kam viele Runden „nichts Passendes“. Klar kann man sich in begrenztem Maße auf solche Situationen einstellen, aber es macht schon einen Unterschied, ob ich eine teure Karte einfach nur so legen kann oder ob ich mehrere Aktionen opfern muss, um die erforderlichen Rohstoffe zusammenzusammeln.

Ich denke, demnächst sollte die „normale Version“ auch erhältlich sein. Die Metallmünzen der Collector’s Edition sind keine Pflicht, aber „nice-to-have“. Die tolle Optik macht die fehlenden Innovationen mehr als wett… ich liebe dieses Spiel!

(c)2018 Dirk Trefzger

Material

Regeln

Idee

Spielreiz

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