Rezension “Darjeeling”

Darjeeling (Abacus)

Eines muss man bei “Darjeeling” bemängeln: die Packung ist absolut regalunfreundlich :)) … die Schachtel ist riesig, doch das ist eigentlich der einzige negative Punkt, den es zu erwähnen gilt. Obwohl, ganz so einfach wollen wir es uns heute nicht machen; schauen wir “Darjeeling” mal genauer an. Die wie gesagt sehr große Box verbirgt, wie wohl schon erwartet, recht viel Spielmaterial… und zwar schönes Spielmaterial:

112 Plättchen (die später das Spielfeld bilden)
8 “Nachfrage”-Steine (kleine Holzzylinder)
1 Tafel mit abgebildetem “Kai” und “Zählleiste”
7 Teefrachter (aus Holz)
55 Frachtkisten (Holzwürfelchen)
5 Teesammler (Holzfiguren)
5 Sichtschirme in den 5 Spielerfarben
3 “Stadt”-Spielsteine
10 “Sonderaktion”s-Marken
4 “Wasser”-Streifen (zum Auffüllen der Fläche vor dem “Kai”, bei weniger als 5 Spielern
2 “Multiplikator”-Streifen (beidseitig, also 4 verschiedene Seiten für die verschiedenen Spielerzahlen)
“Nachfragebarometer” (zum Zusammenstecken aus Karton)
Stoffbeutel (für die Plättchen während des Spiels)
und natürlich die Anleitung (die dem Spiel vertriebsfreundlich in 4-sprachiger Form beiliegt)

Man sieht an dieser Aufzählung bereits, dass die Schachtel trotz ihrer Größe nicht wirklich leer sein wird (*gg*). Das Material ist sehr schön ausgefallen, muss ich zugeben. Die Tafel mit dem Kai und der Zählleiste wird auf dem Tisch bereitgelegt, aber mehr am Rand, denn mittig wird das Spielfeld mittels der Plättchen aufgebaut. Diese Plättchen zeigen 1 – 3 halbe Teekisten in einer von vier Farben (siehe Beispielsbild). Das Spielfeld ist dabei recht variabel gestaltbar. Die Anleitung gibt 3 Beispielsaufbauten mit, die man anfangs auch nutzen sollte, bis man sich an das Spiel ein wenig gewöhnt hat. So bildet der eine Aufbau so ungefähr die Umrisse von Indien ab, ein anderer die Umrisse von China. Aber auch eigene Ideen sind so auf jeden Fall umsetzbar… nicht uninteressant. Das Spielfeld besteht also wie gesagt aus den Teekisten-Plättchen sowie aus den “Stadt”-Spielsteinen (beim Indien-Aufbau z.B. sind es 3 “Stadt”-Spielsteine, die verwendet werden). Die restlichen Plättchen werden im Stoffbeutel bereitgelegt. Je nach Spieleranzahl werden Teefrachter (große Holzkähne) unterhalb des Kais platziert. Bei 3 Spielern sind es z.B. 4 an der Zahl. Die übrige Fläche wird it den “Wasser”-Streifen aufgefüllt, was aber nur eine optische Bedeutung hat… das Auge “spielt” ja bekanntlich mit ;)))  Jeder Spieler bekommt einen Sichtschirm, hinter welchem er seine Teekisten und Sonderaktionen platziert, damit die Mitspieler diese nicht im Blick haben. Außerdem erhält jeder Spieler noch eine Spielfigur (Teesammler) und die 11 Frachtkisten, wobei eine davon auf die “0” der Zählleiste gestellt wird und als Zählstein missbraucht wird. Die anderen 10 Kisten stehen dem Spieler also zum Verladen auf den Frachter zur Verfügung. Auf die Tafel mit dem Kai wird auf der Seite dann noch das Nachfragebarometer aufgesteckt. Es handelt sich dabei um eine kleine Gestellkonstruktion aus Stanzkartonteilen, auf welchem dann die 8 “Nachfrage”-Steine platziert werden. Nimmt man während des Spiels eine dieser “Nachfrage”-Steine dort heraus, rollen die anderen nach unten und man kann den Herausgenommenen wieder oben einsetzen… so funktioniert dieses Nachfragebarometer; was es damit auf sich hat, erkläre ich später noch.

Während des Spiels bewegen die Spieler nun ihren Teesammler über das Spielfeld mit den Teekisten-Plättchen. Für die Bewegung des Sammlers gibt es gewisse Einschränkungen, die auch manchmal die Bezahlung mittels Siegpunkten erfordern (dazu wird der Zählstein auf der Zählleiste einfach rückwärts gezogen). Vor der Bewegung darf man die Figur z.B. um 90 Grad drehen und dann laufen. Möchte man sich aber vollständig umdrehen, um in die andere Richtung zu laufen, kostet dies 2 Siegpunkte. Überspringt man bei der Bewegung das ein oder andere Plättchen, da man es auf ein bestimmtes Plättchen abgesehen hat, kostet dies auch Siegpunkte. Auch Städte oder Mitspieler überspringen, kostet zusätzliche Siegpunkte.  Das Plättchen auf dem Zielfeld erhält man und das leere Startfeld wird mit einem neuen Plättchen aus dem Stoffbeutel wieder aufgefüllt. 

B evor die beschriebene Bewegung stattfindet, erhält der aktive Spieler aber stets erst einmal Siegpunkte für die vorhandene Frachtladung. Dabei wird geschaut, auf welchem der Teefrachter Frachtkisten des Spielers stehen. Die Anzahl an Frachtkisten wird dann mit dem Multiplikator multipliziert, der neben dem Frachter angegeben ist. Je weiter weg vom Kai, um so geringer wird hier die Siegpunkte-Ausbeute… anschließend kommt die im vorherigen Absatz beschriebene Bewegung.

Anschließend (im dritten Teil des Zugs) hat der Spieler die Möglichkeit, neue Kisten zu verladen. Dazu bildet er aus den Plättchen, die er hinter seinem Sichtschirm gesammelt hat, ganze Teekisten. Wichtig ist, dass diese so zusammengesetzten Teekisten immer die gleiche Farbe haben müssen, um verladen werden zu können. Auch darf keine halbe Teekiste mehr auf den Plättchen vorhanden sein, die man verladen möchte. Nun kommt die Funktion der Städte noch ins Spiel. Steht der Teesammler des aktiven Spielers neben einer Stadt, dann darf er die Anzahl an Kisten verladen, die er gerade angezeigt hat. Steht er nicht neben einer Stadt, so darf er nur eine Kiste weniger verladen. Es ist also schon sinnvoll, wenn man die Spielfigur in die Nähe einer Stadt bringt, bevor man mit der Verladeaktion beginnt. Die Plättchen, die verladen wurden, kommen auf einen Ablagestapel. Die Frachtkisten kommen auf den Teefrachter, der am Nächsten beim Kai steht. Zuvor wird aber noch der unterste Frachter geleert und oben wieder eingesetzt (die vorhandenen Frachter rutschen also alle um eine Position vom Kai weg). Hier bekommt der Spieler noch Sonderpunkte, wenn er 4 oder mehr Kisten auf einmal auf den Frachter lädt. Was auch noch zu tun ist: der “Nachfrage”-Stein der verladenen Teesorte, der am weitesten unten ist, wird vom Spieler herausgenommen und oben wieder eingesetzt. Die Anzahl der “Nachfrage”-Steine anderer Teesorten, die sich nun zwischen den beiden relevanten Farben befinden, geben an, wieviele Sonderpunkte der Spieler nun noch für die Nachfrage erhält. Auch hier ist also ein gewisses Timing absolut wichtig. Denn wenn eine Teesorte gerade von einem anderen Spieler verladen wurde, so befinden sich die beiden entsprechenden “Nachfrage”-Steine ganz oben und dazwischen ist somit kein Platz für andere Teesorten, was bedeutet, dass hier keine Sonderpunkte zu erhalten sind.

Lassen Sie sich bitte jetzt von dem anfangs riesig erscheinenden Regelwerk nicht abschrecken, denn das Spiel spielt sich viel einfacher, wie man es hier anhand meinen Ausführungen vermuten mag ;)))

So… der Zug eines Spielers besteht also immer aus folgenden 3 Abschnitten:

(A) Siegpunkte für die vorhandene Fracht ermitteln und Zählstein entsprechend bewegen
(B) Teesammler bewegen und Teekisten (also Plättchen) aufsammeln
(C) Teekisten verladen (und ggfs. Sonderpunkte absahnen)

Was ich noch erwähnen muss sind die Sonderaktionen. Nimmt ein Spieler mit dem Teesammler ein Plättchen auf, auf welchem 3 halbe Teekisten abgebildet sind, dann erhält er zusätzlich noch eine Marke bezgl. der Sonderaktionen. Mit dieser Marke hat er während seines Zuges zwei Sonderaktionen zur Auswahl. Zum einen kann er auch verlustfrei verladen, wenn er nicht in der Nähe einer Stadt steht, zum anderen kann er den erhaltenen “Nachfrage”-Bonus (siehe “Nachfragebarometer”) verdoppeln. 

Sobald nun der geschickte Teesammler, Teehändler, Teefreund es geschafft hat, auf der Zählleiste das Feld 100 zu erreichen, endet das Spiel sofort. Anschließend bekommt man noch “Minus”-Punkte für jede halbe Teekiste, die man noch hinter seinem Sichtschirm versteckt. Wer dananch noch die meisten Siegpunkte übrig hat, gewinnt “Darjeeling”.

Puuuh… nicht übel der Umfang der Regeln; doch der erste Eindruck täuscht. “Darjeeling” sieht auf den ersten Blick viel komplizierter aus , als es beim Spielen nachher ist. Die Abfolge der Tätigkeiten, muss man sich natürlich ein wenig einprägen, da man sonst immer wieder mal ne Kleinigkeit vergessen könnte, doch nach ein paar Runden hat man den Ablauf eh so verinnerlicht, dass das kein Problem mehr darstellen dürfte. Verlädt man z.B. Frachtkisten im 3. Abschnitt seines Zuges, so muss man ja erst mal die Plättchen so zusammenlegen, dass man die zu verladenden Teekisten anzeigen kann. Danach kommen die Plättchen auf den Ablagestapel, die Frachtkisten auf den Frachter, nachdem alle Frachter eine Position nach unten geschoben werden, man erhält Sonderpunkte für Verlade-Aktionen mit 4 oder mehr Kisten, muss aber zuvor noch einen “Nachfrage”-Stein beim “Nachfragebarometer” versetzen und diese Sonderpunkte kassieren, wobei man zu allem Überfluss auch noch entscheiden muss, ob man die Marke mit den Sonderaktionen einsetzen möchte… Sie sehen also, mann muss anfangs schon ein wenig dabei sein, um alle Regeln komplett zu spielen, doch danach läuft es fast von alleine.

Uns hat “Darjeeling” sehr viel Spaß gemacht. Der Autor Günter Burkhardt hat sich da mit diesem Tee-Spiel wirklich was Schönes ausgedacht. Es sind einige interessante Ideen enthalten; so z.B. das “Nachfragebarometer”, welches den Mitspielern (im Fortgeschrittenen-Stadium zumindest) ein optimiertes Timing abverlangt, um wertvolle Zusatzpunkte zu erlangen. Auch der flexibel auslegbare Spielplan (ok… Spielfeld… denn ein Spielplan ist es ja eigentlich nicht *gg*) hat seinen Reiz. Man ist ständig am Überlegen, ob eine Verladung der vorhandenen Kisten schon sinn macht, oder ob man doch lieber noch ein paar Kisten dazu sammelt… Timing ist das höchste Gebot bei “Darjeeling”… und dazu ist es sehr sinnvoll, zu beobachten, was die anderen Spieler so sammeln… ok, man wird sich nicht alle gesammelten Plättchen merken können, aber welche Sorte der Spieler gerade für eine große Fracht sammelt, lässt sich schon erkennen; und wer möchte seinen Gegner nicht ärgen, in dem er von genau dieser Teesorte eine 1-Kisten-Fracht auflädt und ihm so die Chance auf einen guten “Nachfrage”-Bonus nimmt :)) … also auch der Ärger-Faktor kommt bei diesem Spiel nicht zu kurz, wobei er nicht so groß ausfällt, dass man nach dem Spiel nicht mehr miteinander sprechen möchte ;))

Auch zu zweit funktioniert “Darjeeling” schon ganz gut, wobei es halt wie so oft bei mehr Spielern auch mehr Spaß macht. Also zu viert ist es schon einen ganzen Zacken besser als zu zweit… es bewegt sich einfach mehr… die Konkurrenz ist größer. Was mich außer der enormen Verpackungsgröße ein wenig gestört hat, ist die Tatsache, dass das Spiel, sobald es erst mal richtig in Fahrt kommt, schon wieder vorbei ist. Man hat sich eine gewisse Taktik oder Strategie überlegt und schon hat ein Spieler die 100 überschritten… irgendwie kam das Ende immer schneller, als man es sich gewünscht hatte… selbst wenn man dann der Sieger der Runde war, hätte man gerne noch seine schön gesammelten Teekisten weiter verfrachtet. Das schreit natürlich nach einer Revenge, was bei einer Spieldauer von ca. 60 Minuten auch kein Problem sein dürfte. Allein das beschriebene Gefühl beim schnellen Spielende ist der Grund für die “5” Punkte bei der Hauptwertung… fast wären es “6” Punkte geworden.

Die Anleitung umfasst pro Sprache vier A4-Seiten und ist soweit ganz ok. Manch eine Regelpassage mussten wir zweimal lesen, um zu verstehen, wie es genau gemeint ist, doch die Beispiele in grafischer Form bringen da Klarheit. Auch auf dem Sichtschutz (auf der Rückseite, zum Spieler hin) befindet sich eine kleine Übersicht bezgl. der 3 Abschnitte eines Zuges, so dass man dort spicken kann, wenn man sich nicht mehr genau sicher ist, was zu tun ist.

Fazit: “Darjeeling” hat uns sehr begeistert und bekommt deshalb auch eine wirklich gute Note. Speziell mit 3 oder 4 Spielern ist es ein tolles Spiel, was allerdings auch seinen Preis hat… rund 30 Euro muss man aktuell schon hinblättern, wenn man das Spiel sein Eigen nennen möchte… das ist nicht wenig, doch aufgrund des umfangreichen Materials noch im erträglichen Bereich. Auch Gelegenheitsspieler sollten sich nicht von den anfangs kompliziert erscheinenden Regeln abschrecken lassen !!!

 (c)2007 Dirk Trefzger

Material

Regeln

Idee

Spielreiz

Wir danken Abacus Spiele für die Zusendung eines Rezensionsexemplares!

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