Rezension “Carnival Zombie”

Carnival Zombie (Albe Pavo)
 

“Carnival Zombie” hatte ich schon im Herbst des vergangenen Jahres in Beobachtung, doch auf der Messe konnte ich leider keine Informationen darüber erhalten, da Albe Pavo leider nicht mit einem Messestand anwesend waren.  Mein Exemplar habe ich dann direkt über Matteo Santus bezogen, so konnte ich noch vor Weihnachten meine erste Partie spielen. Ursprünglich dachte ich: oh nein, nicht schon wieder ein Zombie-Spiel, doch das Setting, also der Karneval von Venedig, und das was ich beim Überfliegen der Regeln gesehen hatte, machte richtig Lust aufs Spiel. In der gut gefüllten Box findet man umfangreiches Material:  einen großen Spielplan, 6 Charakter-Karten, 42 Item-Karten, viele Marker, 18 Nightmare-Karten, ein Säckchen für die Holzwürfel (die ganzen Zombies und Monster werden mit Holzwürfeln dargestellt) und eine Spielanleitung, die 32 (!!!) Seiten umfasst.

Die Optik von “Carnival Zombie” ist nicht jedermanns Sache. Viele Mitspieler fanden die Grafik eher hässlich. Ich für meinen Teil finde die Aufmachung sehr gut gelungen. Die Art der Grafik, wie sie auf der Box zu sehen ist, findet man auch auf den Charakter-Karten oder auf dem Spielplan. Am Rand des Spielplans sind die verschiedenen Gegner, also Zombies, mit ihren Eigenschaften abgebildet. Miniaturen, wie man es vielleicht von anderen Spielen mit ähnlichem Thema kennt, gibt es hier nicht. Statt dessen gibt es unterschiedlich farbige Holzwürfelchen. So ist dann ein weißer Würfel sowas wie ein Höllenhund. Wie man später aber feststellen wird, wären Miniaturen in diesem Fall völlig ungeeignet, also von der Handhabung her. Holzwürfel zu verwenden, war die absolut richtige Entscheidung. Ach ja, die Boss-Monster werden mit Kegeln oder Zylindern dargestellt, um sie vom normalen Monstervolk unterscheiden zu können. Der Hauptteil des Spielplans zeigt im übrigen nicht den Stadtplan von Venedig (der ist nur als kleine Karte am Rand enthalten – dort wird die Position der Gruppe ersichtlich) sondern eine taktische Karte, die aus verschiedenen Elementen und Ringen besteht. In der Mitte stehen dann also die Mitglieder unserer Gruppe von Überlebenden und versuchen immer, die Nachphase lebendig zu überstehen. Aus allen Himmelsrichtungen stürmen dann die Zombies in Richtung Mitte, um die Gruppe zu überwältigen. Jetzt bin ich aber schon wieder zu weit im Thema… etwas zurück! 🙂

Die 6 Charakter werden an die teilnehmenden Spieler verteilt. Die Spieler versuchen als Gruppe das gemeinsame Ziel zu erreichen, aus dem langsam versinkenden und von Zombies überrannten Venedig zu flüchten. Unabhängig von der Spieleranzahl, werden immer alle 6 Charakter verwendet. Jeder Charakter hat unterschiedliche Fähigkeiten. “Doc Pestilence” ist der Heiler, “Brighell” ist der Mann fürs Grobe, “Captain Terror” ist der Leitwolf, “Lady Columbine” ist die Sniperin, welche die Gegner auch aus weiter Entfernung ausschalten kann. So eignen sich natürlich die unterschiedlichen Helden für unterschiedliche Situationen und die Absprache der Spieler untereinander ist für das möglichst lange Überleben absolut unabdingbar.

Es fühlt sich etwas an wie ein analoges Tower-Defense-Spiel. Von überall her rasen die Zombies auf die Spieler zu und die versuchen alles, die gegnerischen Wellen möglichst abzuwehren. Das Spiel verläuft über mehrere Tage. Ein Tag ist dabei in Tag-Phasen und Nacht-Phasen unterteilt. In der Nacht kommen neue Monster ins Spiel und bewegen sich dann nach vorgegebenen Regeln auf die Heldengruppe zu. Zur Abwehr hat die Gruppe rings um sich herum Barrikaden errichtet, die vor dem Einfall der Monster schützen sollen. Allerdings halten diese nicht wirklich lange. Die Zombies rücken also an und erledigt man diese nicht rechtzeitig, werden erst einmal Barrikaden in diesem Abschnitt zerstört. Befinden sich dann keine Barrikaden mehr in diesem Abschnitt, gehen die Monster auf den Helden dort los. Helden erleiden Stress, wenn sie verletzt werden. Anfangs ist das noch kein Problem, doch nimmt der Stress überhand , kommt der Marker des Charakters in den roten Bereich, was gewisse Handycaps mit sich bringt. In jeder Nachtrunde können die Spieler, nachdem die neuen Zombies aufgetaucht und alle Monster bewegt wurden, mit ihren Charakteren Aktionen ausführen. Sie können sich beispielsweise auf ein anderes Feld bewegen, um dort bei der Abwehr der anrauschenden Monster zu helfen. Meist geht es aber darum, die Zombies rechtzeitig auszuschalten. Rechtzeitig heißt in diesem Fall, dass keine Barrikaden drauf gehen oder eben noch schlimmer, dass Schaden direkt auf die Helden verteilt werden muss. Gegenstände, die man während des Spiels finden kann, helfen bei der Bewältigung dieser Aufgabe. Auch die Sonderfähigkeiten der verschiedenen Charaktere sind sehr wertvoll. Hat man die Runden der Nacht überstanden, verschwinden alle Monster dorthin, wo sie hergekommen sind… denn Licht mögen sie offensichtlich nicht. 😉

Nach den Nachtrunden (nachdem also die Monster verschwunden sind), haben die Spieler verschiedene Runden Zeit, um sich auf der eigentlichen Karte von Venedig zu bewegen. Leider wird das Ganze erschwert, in dem nebenbei auch noch der Wasserpegel immer mehr steigt und so nach und nach die verschiedenen Orte versinken. Die Bewegung der Gruppe auf dieser Karte kostet Zeit. Kostbare Zeit, die aber auch zur Heilung der Helden verwendet werden kann. Auch neue Barrikaden können herbeigeschafft werden, was für die kommende Nacht nicht zu vernachlässigen ist. “Carnival Zombie” bietet unterschiedliche Arten, wie die Gruppe das Ziel erreichen kann. So ist eine Flucht per Schiff möglich, oder eine Flucht per Luftschiff, wobei man dort erst einmal versuchen muss, den Piloten per Funk zu erreichen. Auch eine Flucht über eine Brücke ist möglich. Jede Art, das Spiel erfolgreich zu beenden, hat eigene Regeln. Versucht man also erstmals eine neue Fluchtmöglichkeit aus, dann heißt es: nochmals das Regelwerk checken (dazu nachher noch was).

Was wirklich sehr interessant ist, ist die Tatsache, dass das Spiel das “Survival-Erlebnis” wirklich toll transportieren kann, obwohl die Monster, wie schon erwähnt, nur durch kleine Würfel dargestellt werden. Die Bedrängnis ist wirklich spürbar, wenn die Zombies immer näher rücken, oder wenn man einen nervigen Boss nicht beseitigt bekommt . Der Stress zeigt sich dann nicht nur auf der Stress-Leiste auf dem Spielplan und das ist wirklich toll. Was mir nicht gefällt, ist die Anleitung. Ok, die eigentlichen Regeln sind in italienischer Sprache verfasst, das ist schon klar. Damit gibt es bestimmt in der englischen Version die ein oder andere Passage, die wegen der Übersetzung nicht so ganz klar ist. Aber die 32 Seiten sind auch so schon sehr unübersichtlich strukturiert. Das erste Durchkämpfen durch das Regelwerk war absolut mühsam und während der Partien gab es immer wieder Situationen, in denen wir in den Regeln nachsuchen mussten und die passende Passage teileise noch nicht einmal finden konnten. Der Einstieg ist also nicht einfach, das sollte man wissen, wenn man sich an “Carnival Zombie” wagt. Auch nach einigen Partien tauchten immer noch Kleinigkeiten auf, die wir falsch gespielt hatten. Das ist nicht schlimm, aber das ständige Regel-Nachblättern ist auf eine gewisse Art anstrengend.

Trotzdem bin ich von “Carnival Zombie” sehr begeistert. Ich hab schon einige Zombie-Spiele gespielt und noch keines dieser Spiele hat mich so überzeugt wie dieses hier. Man fiebert mit, man kämpft sich durch, man bekommt Panik… toll. Überraschend ist auch, dass das Spiel dabei völlig ohne Würfel auskommt. Meist werden ja Kämpfe bei solchen Spielen ausgewürfelt, hier aber nicht. Ok, für den notwendigen Zufall (quasi Ersatz für manche Würfelaktionen) sind die Nightmare-Karten da, die eine Mehrfach-Funktion haben. Solche Karten werden z.B. gezogen, wenn es darum geht, welcher Ort als nächstes unter Wasser stehen soll, ob eine Suche erfolgreich ist, welcher Charakter von Ereignissen betroffen sein soll, und mehr. Ganz ohne Zufall geht es also nicht, aber trotzdem: ohne Würfel.

Noch eine nette Neben-Idee: werden Zombies erledigt, müssen diese auf den Friedhof (bzw. den Grabstein) fallen gelassen werden. Dieses Plättchen wird dann nach und nach voller und es wird immer wahrscheinlicher, dass Würfelchen vom Grabstein runter fallen. Würfel, die so runter fallen, stehen dann quasi wieder auf und stürmen aufs Neue auf die Spieler los. So ist noch ein kleines Geschicklichkeitselement mit drin; witzig.

Das Material (vor allem die morbide Grafik) gefällt mir wirklich gut. Etwas störend finde ich vielleicht die glänzende Oberfläche des Spielplans, aber daran hatte ich mich bald auch gewöhnt. Das Handling der Würfel, also die Bewegung der Monster in Richtung Mitte, funktioniert super. Nochmals: für alle, die hier Miniaturen vermissen sollten: das wäre hier absolut undenkbar und würde den Spielfluss deutlich stören.

Fazit: bevor man den ersten Kampf gegen die Zombies bestehen kann, muss man den Kampf gegen die Anleitung bestehen…. aber: durchhalten, es lohnt sich auf jeden Fall!!

(c)2014 Dirk Trefzger

Material

Regeln

Idee

Spielreiz

Wir danken Albe Pavo für die Zusendung eines Rezensionsexemplares!

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