Rezension “Freshwater Fly”

Freshwater Fly

Ich liebe ausgefallene Themen. Deshalb ist mir bei „Freshwater Fly“ definitiv das Fliegen-Fischen-Thema ins Auge gesprungen. So wie mir damals bei „Wingspan“ das Vogel-Thema ins Auge gesprungen ist, noch lange bevor der Hype um dieses Spiel dann wirklich losgegangen ist. Auf das x-te Mal „altes Rom“ kann ich tatsächlich gut verzichten. Ich habe mich definitiv auf „Freshwater Fly“ gefreut und letztlich ist es ja auch ein gutes Spiel, mit ein paar Einschränkungen, zumindest für uns; dazu nachher mehr… und keine Angst, das hier ist kein solches „Angelspiel“, wie man es von früher her kennt, wo man mit einer Spielzeug-Angel magnetische Fische aus der Tischmitte angeln muss… nein, das ist hier anders.

Vom Schwierigkeitsgrad her ist das Spiel überschaubar. Ich würde es als einfaches Kennerspiel kategorisieren. Zwar ist das Anleitungsheft recht umfangreich und dick (32 Seiten), doch 10 Seiten umfasst der Solo-Teil und der Anhang mit der Beschreibung der Schwung-Plättchen und der Fertigkeiten etc. umfasst nochmals 4 Seiten. Dazu kommt, dass das Regelwerk leider etwas umfangreich erklärt wurde, zu umfangreich; ich meine, das hätte man deutlich einfacher machen können. So ist dann der Einstieg tatsächlich schwieriger als das Spiel dann selbst. Gut, hat sich dann mal jemand für den Einstieg geopfert, hat man das Regelwerk auch schnell an weitere Mitspieler vermittelt, das ist dann kein Problem.

Also, wie läuft das Ganze?… ist man an der Reihe, hat man die Wahl aus drei grundlegenden Möglichkeiten: Werfen, Einholen und Finesse erhöhen. Der Spielplan zeigt einen Fluss aus mehreren Spalten mit jeweils drei Plätzen für Fische oder für Felskarten. Ganz unten liegen Larven-Marker verschiedener Farben aus. Diese geben an, mit welcher Fliegen-Farbe man dort erfolgreich angeln kann, bzw. man es überhaupt erst probieren kann. Außerdem hat jeder Spieler ein eigenes Rollen-Tableau mit einer Rolle, die aus 5 Feldern besteht, eine Finesse-Anzeige und unten rechts persönliche Ziele, für die man bei Spielende auch noch Punkte erhalten kann. 

Zum Rundenbeginn wirft man die gelben Würfel (Anzahl ist abhängig von der Spieleranzahl). Für jede der drei Grundaktionen nimmt der aktive Spieler einen der Würfel. Bei der Aktion “Werfen” gibt die Augenzahl vor, in welcher Spalte er den Wurfmarker platzieren darf. Passt die Fliege (kleiner Marker rechts beim Tableau) zu einem der Larven-Marker, mischt der rechte Nachbar des aktiven Spielers die 4 Fangkarten und deckt eine davon aus. Nur eine der 4 Fangkarten zeigt einen erfolgreichen Fang. War der Versuch erfolglos, lässt der Spieler den Wurfmarker im Fluss treiben und probiert es nochmals. Dann werden 2 Fangkarten aufgedeckt. Auch dort nichts?… dann noch ein letztes Mal treiben lassen und die 4. Karte aufdecken, die auf jeden Fall ein Fang ist. Der Fisch hängt am Haken. Gibt es orthogonal einen Felsen auf dem Spielplan, dann darf man von dort eine Felskarte nehmen. Diese zeigen gewisse Fertigkeiten, die einem im weiteren Spielverlauf kleinere Hilfen bieten oder aber bei Spielende evtl. zusätzliche Punkte.

Befindet sich ein Fisch am Haken, wird die Fischkarte oben ans Spielertableau angelegt. Es gibt Fische in drei Stufen, grün, grau und gelb…. unterschiedlich schwierig einzuholen aber auch unterschiedlich viele Punkte wert. Nun ist die Aktion “Einholen” an der Reihe. Nimmt man später den nächsten Würfel , darf man die “Kurbel” der Rolle drehen. Die Augenzahl des genommenen Würfels minus die Stärke des Fisches gibt vor, wie viele Felder weit man drehen darf. Das erreichte Feld gibt einen Bonus: Finesse dazu, Rollenbremsmarker auf den Fisch (Stärke des Fischs = 0), ein Schwung-Plättchen erhalten (für zusätzliche Möglichkeiten). Erreicht oder überschreitet man mit der “Kurbel” das Startfeld, dann wird der Fisch eine Stufe nach links verschoben. Einen grünen Fisch hat man dann schon direkt gefangen. Ein grauer Fisch erfordert zwei komplette Runden und ein gelber Fisch sogar drei Runden. Erst wenn man den Fisch dann ganz eingeholt hat, legt man ihn in seinen Bestand und darf dann beim nächsten Zug wieder neu auswerfen, um den nächsten Fisch an die Angel zu bekommen.

Die Finesse-Skala ist nicht unwichtig. Mit diesen Finesse-Punkten kann man kleine Zusatzaktionen nutzen, mit denen man seine eigenen Aktionen glattbügeln kann. So kann man z.B. eine Fliege gegen eine andere Farbe austauschen, oder man darf auf dem Spielplan einen Larven-Marker verschieben oder man darf beim Anhieb eine zusätzliche Fangkarte aufdecken und so die Chance auf einen erfolgreichen Versuch erhöhen. Setzt man diese Möglichkeiten geschickt ein, erhöht man die eigenen Chancen auf eine gute Punktzahl erheblich.

Sobald ein Spieler sieben Fische gefangen hat, wird diese Runde noch beendet; dann folgt die Schlusswertung. Punkte gibt es für die Fische selbst, für Kombinationen davon, je nach persönlichen Zielen für unterschiedliche Sachen, auch für die erhaltenen Larven-Marker. Wer zum Schluss die meisten Punkte vorweisen kann, gewinnt die Partie. Da man für unterschiedliche Sachen Punkte bekommen kann, wäre ein kleiner Wertungsblock nicht schlecht gewesen. Leider liegt dem Spiel kein solcher bei, so muss man sich da selbst behelfen.

Das Material insgesamt finde ich toll. Die Fischkarten sind hübsch. Die Schwungplättchen und die Fertigkeiten der Felskarten sind eher nüchtern gestaltet, aber sind dadurch auch sehr übersichtlich. Die Spielertableaus mit der Rolle, die man mehrmals kurbeln muss, um den Fisch am Haken einzuholen, sind auch hübsch.

Die gespielten Partien waren nicht uninteressant. Der Spaß bei den Mitspielern war so gut wie immer vorhanden. Mir selbst hat das Spiel am besten als Duell gefallen. In Vollbesetzung, also zu viert, ging mir das Spiel dann eindeutig zu lang. Eigentlich sind die Entscheidungen ja überschaubar. Man hat drei grundlegende Aktionen zur Auswahl; man nimmt nen Würfel und macht die Aktion, *zack*, fertig. Das wäre dann auch einfach, das geht grundsätzlich auch schnell… aaaaber: was das Spiel ja erst interessant macht, sind die verschiedenen Zusatzmöglichkeiten. Mit „Finesse“ kann man Einfluss nehmen, mit Schwung-Plättchen kann man ganze zusätzliche Aktionen ausführen. Mit den Fertigkeiten kann man seine Möglichkeiten erweitern. Diese Zusatzmöglichkeiten kann man vor, nach und ggfs. während der Hauptaktion durchführen. Damit wird das Ganze dann etwas komplexer. Hat man dann Grübler am Tisch, dann kann sich das Spiel ziemlich ziehen. Die letzte Partie, die wir zu viert gespielt haben, dauerte so ca. 2 Stunden… und das obwohl wir das Spielende von 7 auf 5 gefangene Fische gekürzt haben. Das empfand ich fast schon als etwas mühsam. Zu zweit dagegen verläuft das Spiel viel flotter und auch die Spieldauer ist überschaubarer… so gefällt mir das viel besser. Grundsätzlich wäre ja eine Spieldauer von 2 Stunden auch ok. Das Problem, dass ich dann aber mit „Freshwater Fly“ habe ist, dass der Spielablauf keine wirkliche Steigerung bietet. Die Spieler werfen die Angel aus, holen den Fisch ein, werfen die Angel aus, holen den Fisch ein… bis eben die 7 Fische erreicht sind. Außer dass man durch die Fertigkeitskarten nach und nach flexibler wird, ändert sich am Ablauf nichts… auf Dauer ist das etwas langweilig. Auch deshalb lieber zu zweit, da passt die Spieldauer zum Spielinhalt.

Zu haben ist das Spiel (Lokalisierung in deutscher Version von Spielefaible) zur SPIEL 2019 in Essen. Das Material ist aber – bis auf die Namen der Fische – sprachneutral… natürlich praktisch, eine deutsche Anleitung zu haben. Diese kann man übrigens auf der Seite des Verlags als PDF anschauen, falls man Details zu den Regeln sehen will.

Die angebotene Solo-Variante ist nett. Man tritt gegen einen fiktiven Angler an und muss ihn über 4 Levels besiegen, dann gewinnt man die Partie. Ich hab es solo angespielt, aber dann nicht durchgezogen, da mich das Solo-Spiel nicht wirklich gereizt hat. Ich denke aber, dass „Freshwater Fly“ auch als Solitär für passende Spieler seinen Reiz hat… kann man mal anschauen. Mehr kann ich zur Solo-Variante leider nicht sagen.

Fazit: ausgefallenes und interessantes Thema, schönes Material, zu viert mit den richtigen Mitspielern ok, zu viert mit Grüblern uiuiui, zu zweit empfand ich es immer toll… Spieldauer passt dann zum Inhalt… vielleicht als Kompromiss zu dritt und dann über die Fischanzahl etwas verkürzen, dann passt es. “Petri Heil!”

(c)2019 Dirk Trefzger

Material

Regeln

Idee

Spielreiz

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Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Silke

    Nettes Spiel mit außergewöhnlichem Thema. Am besten zu zweit, da sonst zu viel Downtime.

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